Mittwoch, 16. Juli 2008

Things Japanese 16/ Mite mite wakaru

Wenn ich mich recht erinnere, war es 1991, als ich mir in Japan einen Waporo (japanisiertes Englisch für Word Processor) kaufte, so etwas wie ein Computer ohne Festplatte. Das 'Ding' war etwa so groß wie mein Fernseher, also etwa Schuhkartongröße, und verfügte über einen integrierten Drucker, den man mit Thermopapier füttern mußte. Mein erster Schritt in die EDV...und dann gleich mit einem japanischen Gerät. Ich fühlte mich zunächst völlig aufgeschmissen, denn ich musste damals bei Null anfangen, hatte keine Ahnung, was sich hinter Begriffen wie 'reset', 'floppy disc' oder 'enter' versteckte - wie sollte ich dann erst die entsprechenden japanischen Ausdrücke dechiffrieren? Mutlos nahm ich die Anleitung zur Hand - aber dann ging mir regelrecht das Herz auf. Das Manual war graphisch so gut aufbereitet, dass ich ich allein anhand der Bilder verstand, was ich tun musste.
Mite mite wakaru, sehen-und-sehen-und-verstehen, das ist der Titel einer Kolumne in 'Aera', einem japanischen Wochenmagazin, vergleichbar mit unserem 'Spiegel' und sie ist maßgeschneidert auf das japanische Talent, Inhalte graphisch leicht verständlich aufzubereiten. Japanische Handarbeitsbücher kennen viele von euch und ihr habt sich schon danach gearbeitet: es geht gut, ohne dass man ein Wort der Sprache lesen oder verstehen kann.
Aber als Beipiel für das mite-mite-wakaru-Prinzip möchte ich, da euch die japanischen Toiletten so gefallen haben, bei diesen verweilen.
In einer Zeit, bevor die westliche 'Sitztoilette' ihren Siegeszug durch Japan unternahm, gab es diese Bodentoiletten, denen man zuweilen in Südfrankreich begegnet und bei denen man sich hocken muss. Vor zwanzig Jahren habe ich auf westlich ausgestatteten Toiletten des öfteren eine Gebrauchsanleitung gesehen: do's (auf der Brille sitze und...) and don'ts (auf der Brille stehen und ...).

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Ganz so arg ist das nicht, aber immer noch nett anzusehen: aufgenommen in der Toilette in der Wohnung eines Freundes in Tokyo. Das Haus wurde Anfang der 90er erbaut, daher fangen die Erklärungen nicht ganz bei Null an.
Und hier, auf einer Toilette in einem Museum in Takayama, wird man zunächst darauf hingewiesen wir alle die Toilette doch schön sauber nutzen sollte (Zettel oben). Um dann, Zettel unten, noch einmal daran erinnert zu werden, dass wir soch bitteschön vor dem Gehen darauf achten sollten, die Toilette schön zu nutzen.

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Und wer wissen will, wo die Ursachen für diese gewisse, nicht unproblematische Affinität der Japaner zu ihren Toiletten liegen könnte, der sollte sich 'Lob des Schatten' ('In ei raisan') von Tanizaki Jun'ichiro (Vorname), einer meiner japanischen Lieblingsschriftsteller, ansehen, ein schmales Bändchen, das bei Manesse erschienen ist.

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