Dienstag, 1. Juli 2008

Things Japanese 1/ Tsuyu

Der Japaner und der Regenschirm ('kasa'), das ist ein bekanntes Ärgernis. Kaum fällt ein Tropfen Regen vom Himmel, verlangt es den Japaner nach dem 'kasa'. Die berüchtigt detailreiche Wettervorhersage der Nachrichten (dauern in der Hauptnachrichtensendung der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalt NHK zähe 10 Minuten!) enden niemals, ohne dass dem Zuschauer gesteckt wird, mit welch prozentualer Wahrscheinlichkeit am nächsten Tag mit Niederschlägen zu rechnen ist, säuberlich aufgeteilt zwischen Vor-und Nachmittag.
Wenn man an Regentagen, oder an Tagen, an denen mit Regen zu rechnen ist, der Japaner also einen 'kasa' mit sich herumschleppt, wird in den Bahnen des öffentlichen Nahverkehrs per Durchsage besorgt und höflich darauf aufmerksam gemacht, man möge doch bitte den 'kasa' nicht vergessen....
Nicht auf Grund der zu erwartenden Feuchtigkeit graut es dem Ausländer hingegen vor Regen in Japan, aber dann haben 99% der Japaner einen Schirm in der Hand und es mutet dem 'gaijin' an, als geriere dieses Utensil zu einer Art Schwertersatz.
Im September, wenn die Taifune einer nach dem anderen und säuberlich durchnummeriert, über Japan hinwegfegen, regnet es ausgiebigst.
Die letzten beide Male, die ich in Japan war, 2003 und 2004, war es Herbst, und ich habe außerordenlich viel Regen erlebt.
Insbesondere das dichtest bevölkerte Tokyo ist, wenn es regnet und fast alle mit einem Schirm bewaffnet sind, schier unerträglich.
Das war einer der Gründe, warum ich in diesem Jahr im Juni nach Japan gereist bin. Obwohl mir bewußt war, dass im Juni die Regenzeit ('tsuyu') beginnt.
Man kann das Wort bzw. die beiden Zeichen, mit denen es geschrieben wird, als 'Pflaumenregen' übersetzen. Die grünen japanischen Pflaumen sind im Juni reif genug, um mit Zucker und Schnaps in großen Gläsern vermischt zu werden, um dann nach einem Jahr Ruhepause als köstlicher und hochprozentiger Pflaumenwein genossen zu werden. Andere Pflaumen werden während der 'tsuyu' mit sehr viel Salz vermischt und nach einigem Prozedere in einem irdenen Topf gelagert. Im nächsten Jahr werden die 'umeboshi' verspeist.
'Tsuyu' beginnt in der Regel am 7. Juni, schiebt sich vom südlichsten Zipfel Okinawas bis hoch in die nördlichste Spitze von Hokkaido. Mitte Juli ist alles vorbei.
In der Regenzeit regnet es oft und ausgiebig, dann helfen nur noch Gummistiefel. Aber ich setzte auf den Klimawandel und spekulierte auf eine 'trockene' Regenzeit. Ich hatte Glück: in 17 Tagen nur zwei Regentage!

Einen der Regentage erlebte ich in Kyoto, als ich von einem Tempel (Ginkakku ji) zum anderen (Nanzen ji) spazierte. Der Regen der Regenzeit ist anders: es regnet zunächst geringfügig, dann steigert er sich schnell zu rasanter Niederschlagsmenge, um dann an Intensität zu verlieren. Letztlich bleibt nur ein feiner Sprühregen übrig. Dies Prozedere kann sich mehrmals am Tag wiederholen - oder auch nicht.

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Zwischen Nanzen ji und Kyomizu dera erwischte ich eine Regenpause, dann goss es wieder in unglaublicher Intensität. Aber unter dem Dach des schönen alten Bauwerks liess sich der feine Duft des Regen prächtig genießen! Und das Bild, dass sich mir bot, fand ich ausnahmsweise sehr hübsch.

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